…und ihre Flügel schützen
Deine Seele sacht.
Jule – Cajenne vom Lützenberg – 1. November 2006 bis 17. April 2017
Mir zeigen sie sich nicht mehr
doch ich sehe sie in Dir
Und wenn ich Dir ganz nahe bin
dann nähern sie sich mir.
Als ich den Songtext des Schlafliedes von Konstantin Wecker las, spürte ich, dass es die richtigen Worte sind, um den Abschied unserer Jule zu beschreiben. Sie verstarb am Ostermontag an den Folgen einer Krebserkrankung, die vor 1 1/2 Jahren diagnostiziert wurde.
Es drückt das ganze Sternenzelt
dich liebevoll ans Herz.
Du verlässt nun diese Welt
und träumst Dich himmelwärts.
Jule war die Hündin, die mich gelehrt hat, in die Natur zu schauen – auf diese zu hören. Während ich bei der Geburt ihrer ersten Welpen – unseren A’chen von der Königsallee – aufgeregt und hektisch war, helfen und eingreifen wollte, signalisierte sie mir in ihrem ganzen Tun, dass es keinen Grund dafür gäbe. Es geschah das natürlichste der Welt: Leben wurde geboren.
Ein Moment zum Innehalten, ein Moment zum Staunen, ein Moment zum Freuen. …ich sollte es im Laufe der Jahre erfahren, begreifen und respektieren.
Und so durfte ich durch diese starke, souveräne Hündin lernen, dass Hektik, Stress und Zwang Störenfriede in einem natürlichen Leben sind. Alles geht seinen Weg…das Leben nach der Geburt, das Miteinander in unserer Welt.
Neben unzähligen besonderen Momenten war es schlussendlich auch unser H-Wurf, der erste Wurf ihrer Tochter Galadriel, wo Jule uns allen zeigte, wie stark natürliche Instinkte sind, die zum beherzten Handeln ermutigen und dass alles seinen Weg geht. Man muss sich nur einlassen, auf das, was kommt.
Sie nahm sich des Wurfes an und versorgte diesen vorbildlich als ihre eigene Tochter ganz plötzlich schwer erkrankte und sich nicht mehr um ihre Babies kümmern konnten.
Ein Erlebnis, das mir bis heute eine Gänsehaut bereitet, wenn ich darüber nachdenke.
Jule war diejenige, die das Leben ordnete, manchmal auch neu sortierte, so dass es schlussendlich wieder harmonisch war.
Ich durfte so viel lernen – allein wenn ich sie im Umgang mit ihren eigenen Kindern beobachtete: Sie war immer die Ruhe selbst, sehr konsequent in ihrem Handeln, gut gelaunt, nie nachtragend.
Hunde, die schwächer waren als sie selbst, leitete sie an. Mit Hunden, die ebenso stark waren, arrangierte sie sich und pflegte Freundschaften.
Wenn ich sie versuche, zu beschreiben, dann benutze ich gerne die Worte „wild“ und „unbezähmbar“. Und das war sie – auf ihre eigene liebenswerte Art. Jede Familie, die einem Kind von Jule ein Zuhause gegeben hat, hat dieses Wesen – mal mehr, mal weniger – bemerkt. Jule ging manchmal – aber unbeirrbar – ihre eigenen Wege, gern mit Has und Reh, um aber immer wiederzukehren, voller Freude und Begeisterung. Wenn sie hätte sprechen können, hätte sie nach jedem ihrer Jagdausflüge gesagt: ‚Ich verstehe einfach nicht, wo das Problem ist: Hase lebt, Hund wieder da – alle hatten Spaß!‘ Und dennoch wissen wir alle, dass das jeden Hundehalter vor wahnsinnige Herausforderungen stellt in puncto Bindung, Vertrauen und Ausbildung. Dinge, die im Rückblick betrachtet, unendlich zusammengeschweisst haben und unvergessliche Momente geschaffen haben.
So, wie sie gelebt hat, ist sie auch gestorben.
Mit Blick auf ihre eigene Art zu sein, haben wir uns vor 1 1/2 Jahren gegen die schwere Operation entschieden, die auch nur eine eher mäßige Prognose für ihre Zukunft hatte.
Wir haben versucht, es so zu sehen, wie sie selbst: Das Leben so nehmen, wie es ist. Leben im Hier und Jetzt – nicht immer an morgen denken. Den Weg gemeinsam zu Ende gehen: ohne Hektik, ohne Stress, ohne Zwang.
Das ist ihr selbst in den letzten Tagen weitaus besser gelungen, als mir. Sie zeigte mir, dass auch der Tod etwas natürliches sei – einfach zum Leben dazu gehört. Dass man diesen annehmen kann im Vertrauen darauf, dass alles gut werden wird.
Still und friedlich schlief sie am Ostermontag in der Mittagszeit ein. In dem Moment brach die Sonne durch die dunkle Wolkendecke und auch ich wusste, dass alles gut wird.
Und Deine Seele schwingt sich jetzt
zurück ins Paradies.
Das sie nur, um bei uns zu sein
verließ.
Wir werden Dich nie vergessen, liebe Jule!
Du wirst weiterleben in unseren Herzen, in Deinen Kindern und Enkelkindern – so, wie es die Natur vorgesehen hat.